Benny Egli

Ein Essay der freien Journalistin Edith Arnold an den Künstler Benny Egli

Hinter der Oberfläche

 

Benny Eglis Bilder sind eine Provokation. Weniger der nackten Körpern wegen. Bis zu den Rändern sind die grossformatigen Collagen gefüllt, mit Fotografien, Zeichnungen, Blumentapeten und Andeutungen davon. Allen floralen Elementen zum Trotz wirken die Bilderbühnen schön dramatisch: Gruselgestalten setzen sich neben ästhetischen Frauen und Männern in Szene. Zudem geben mehr schummrige als luzide Farben den Ton an. Doch auch das wirkliche Leben ist ja längst nicht so spacig, wie es gerne tut. Durch die hochpolierte Oberfläche flackert der Mensch mit all seinen Ängsten und Begierden, solange er Mensch ist.

Manchmal projiziere er in Alltagsszenen und Filmkulissen weitere Personen, sagt der Künstler, der nebenher für Theaterbühnen und Ausstellungen quer durch die Schweiz das Setting gestaltet. Auf die Frage, was er denn dort schon wieder sehe, wo eigentlich nichts sei, reagiert er jeweils amüsiert. Oben in den Bergen hat er ein 400jähriges Haus renoviert. Dort gibt er sich an Wochenenden allen Naturelementen hin. Sequenzen aus den Alpträumen dürfen später auch in den Bildern erscheinen. Das Atelier des Luzerners befindet sich zwischen Kunsthochschule, Multikulti-Baselstrasse und hochfrequentiertem Bahngeleise. Klänge der Tüftlerin Laurie Anderson mögen die Atmosphäre zusätzlich verdichten.

Wie ein PJ oder Picture Jockey stellt Benny Egli Bildmaterialien aus verschiedenen Quellen zusammen. Dann entfernt er überflüssige Stellen, legt entstandene transparente Ausschnitte übereinander, schichtet und verdichtet weiter, plottet das Material hoch, wäscht erneut Elemente heraus, greift schliesslich zu seinen mechanischen Zauberstäben, um so lange in die Bildkulisse zu malen, bis diese erscheint, wie das Leben sein könnte, in einer vernetzten Welt aus verschiedenen Wirklichkeiten zu einer bestimmten Zeit.

Durch «Unten am Fluss», eine Referenz an die magische Saga von Richard Adams, bohrt sich ein Speer. Die Spitze richtet sich auf einen nackten Körper, der ihm unter Wasser entgegen rennt. Doch: Ist es eine Frau, ist es ein Mann? Es ist egal. Man taucht ein ins Bild und konfrontiert sich mit eigenen Ängsten. Dabei verliert die Horrorgestalt im Hintergrund ihren Schrecken. Der Vorhang aus blauer Acrylfarbe liefert dabei neutralisierende Ästhetik.

Die griechische Skulptur oder Schaufensterpuppe in den Wolken von «Schatten des Windes»: Egli klebt dem androgynen Wesen ein zeitgenössisches Frauenhaupt auf, stellt es auf den Kopf und kombiniert das Ganze mit wissenschaftlich anmutender Fotografie. Optisch werden die beiden Teile durch vergrössertes Klebeband zusammengehalten. Bei «Paris Texas» schaut dieselbe Frau mit 80er-Jahr-Pagenschnitt gleichzeitig nach unten und zum Betrachter. In Gedanken entwickeln sich sogleich weitere Körperpositionen. Benny Egli recycelt Stile und Epochen über die Magazine. Wobei die Jahresringe keine Rolle spielen. Hinter der ultimativen Aufmachung wiederholen sich oft ähnliche Themen.

Je oberflächlicher, desto tiefer: Vernetzt wie die Zeit wirken die Bilder. Gestern, Heute, Morgen, alles fliesst ineinander, denn alles bedingt einander. Durch die künstlerische Intervention entsteht die nötige Reflexion. Und manchmal sieht der Betrachter in der Szenerie auf einmal etwas, wo zuvor scheinbar nichts war.